Aufeinander abgestimmtes Handeln für ein gelingendes Aufwachsen – Kommunale Gesamtstrategie als Lösung
Kommunen stehen in der Verantwortung allen Einwohner*innen eine Grundversorgung zu gewährleisten, d.h. es werden wirtschaftliche, kulturelle und soziale Dienstleistungen für alle bereitgestellt. Beispiele dafür sind der Unterhalt von Krankenhäusern, Bildungseinrichtungen und Kindergärten oder der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Für die genannten Aufgaben und Leistungen der Kommunen wird häufig auch der Begriff der kommunalen Daseinsvorsorge verwendet. (Heinrich-Böll-Stiftung e.V. o.J.)
Aus der kommunalen Daseinsvorsorge ergibt sich für Kommunen auch die zentrale Aufgabe, Rahmenbedingungen für ein gelingendes und gesundes Aufwachsen zu schaffen: Sie müssen Sorge dafür tragen, dass Kinder in einer intakten Umwelt aufwachsen, ein gesundes Leben führen und Zukunftsperspektiven entwickeln können. Bei der Umsetzung dieser Ziele stehen die Kommunen vor der großen Herausforderung, den Folgen sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit zu begegnen (Altgeld 2017). Gleichzeitig finden sich in der Kommune verschiedene Lebenswelten von Kindern und Familien (z.B. Stadtteil, Schule, Kita) wieder, die einen Zugang zu den Kindern und ihren Familien ermöglichen und unter dem Dach der Kommune gebündelt werden können (Quilling et al. 2022).
Was ist die kommunale integrierte Gesamtstrategie „Präventionskette“?
Eine integrierte kommunale Gesamtstrategie sorgt dafür, dass alle Menschen vor Ort mit guter Lebensqualität in der Kommune leben können. Kommunal Handelnde aus öffentlichen und privaten Trägern arbeiten zusammen und planen gemeinsam, wie sie Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen, über Altersgruppen und Lebensphasen hinweg, am besten unterstützen können. Das Ziel ist, dass alle Menschen vor Ort ein gesundes Leben führen können. Für alle Menschen sollen gerechte Zukunftsperspektiven ermöglicht und Chancenungleichheit abgebaut werden.
Die Präventionskette ist eine kommunale integrierte Gesamtstrategie: Präventionsketten schaffen auf kommunaler Ebene den Rahmen, um die vielfältigen Unterstützungsangebote vor Ort miteinander zu verknüpfen. Dabei reicht die Präventionskette vom Lebensanfang bis zum Lebensende. Präventionsketten dienen dazu, öffentliche Ressourcen für alle Bevölkerungsgruppen und insbesondere für Menschen in schwierigen oder benachteiligten Lebenslagen zugänglich zu machen. Dabei werden die unterschiedlichen Bedarfe berücksichtigt sowie individuelle, familiäre und soziale Eigenressourcen gestärkt und Chancengleichheit gefördert.
Präventionsketten setzen an bereits bestehenden Strukturen an: Vorhandene Strukturen werden zu einer integrierten kommunalen Infrastruktur weiterentwickelt. Insbesondere sollen bisherige Angebote und Strukturen überprüft werden, um ähnliche Angebote und Strukturen zusammenzulegen, Ressourcen zu bündeln oder ein neues Angebot, eine neue Struktur zu entwickeln. Ziel ist es, Doppelstrukturen zu vermeiden. Dazu vernetzen sich die kommunal Handelnden und arbeiten ressort- und handlungsfeldübergreifend zusammen. Eine gemeinsame Zielrichtung wird angestrebt. Durch dieses gemeinsame Planen und das arbeitsteilige Handeln, entstehen aufeinander abgestimmte präventive Angebote und Hilfen für die Menschen vor Ort (kommunale Infrastruktur). (Richter-Kornweitz et al. 2023)
Fachübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit
Der Auf- und Ausbau von Präventionsketten kann nur in gemeinsamer Verantwortung unterschiedlicher Fachkräfte und Institutionen gelingen. Mit dem Ziel einer Gesamtstrategie bietet diese Neuausrichtung die Chance, sich mit verschiedenen Fachkräften sowie Interessensvertretungen aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern, Professionen und Fachbereichen in einer Kommune auszutauschen und eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln, die sowohl die Kinder und Familien als auch auf die Lebenslagen und Folgen prekärer Lebens- und Familienbedingungen in den Blick nimmt. Die Zusammenarbeit in interdisziplinären Präventionsnetzwerken bietet die große Chance Förder- und Unterstützungsangebote sowie Strukturen bedarfs- und zielgerichtet weiterzuentwickeln. Im Hinblick auf eine zukunftsfähige Analyse der Kosten und Wirksamkeit können Doppelstrukturen vermieden, Zugänge verbessert und Ressourcen gebündelt werden. Grundlage hierfür bilden Erkenntnisse der Jugendhilfe- sowie Sozial- und Gesundheitsplanung der Kommunen. (Richter-Kornweitz et al. 2023)
Kinderrechtebasierte Präventionsketten in Hessen
Die „Kinderrechtebasierte Präventionskette“ ist eine ganzheitliche Strategie in Hessen, um Kinderrechte zu stärken und ein gelingendes und gesundes Aufwachsen zu fördern.
Die Arbeit in der Präventionskette orientiert sich an den vier Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention: Recht auf Gleichbehandlung (Diskriminierungsverbot), Vorrang des Kindeswohls, Recht auf Leben und persönliche Entwicklung und Achtung vor der Meinung und dem Willen des Kindes (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2010).
Mehr Informationen zu kinderrechtebasierten Präventionsketten in Hessen finden Sie unter dieser Verlinkung zur Seite „Kinderrechte leben“.
Weitere Informationen zum Einlesen in das Thema Präventionskette
- „Werkbuch Präventionskette – Herausforderungen und Chancen beim Aufbau von Präventionsketten in Kommunen“ (o. J.) des Herausgebers Landesvereinigung für Gesundheit & Akademie für Sozialmedizin Nds. e.V. / Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): https://www.praeventionsketten-nds.de/fileadmin/media/downloads/Werkbuch-Praeventionskette_Doppelseite.pdf
- Positionspapier „Präventionsketten verankern“ (2022) der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V.: https://www.praeventionsketten-nds.de/fileadmin/media/downloads/Positionspapier_Pr%C3%A4ventionsketten_verankern/Positionspapier_Praeventionsketten_verankern.pdf
Bildquelle
- Wieda, C.; Grohs, S.; Beinborn, N. (2020): Kommunale Prävention für Kinder und Familien, Gütersloh. Online verfügbar unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/kommunale-praevention-fuer-kinder-und-familien-all.
Hinweis: Digitale Literatur-Quellen wurden direkt im Text verlinkt.